Wodurch zeichnet sich ein Auwald aus?
Auwälder sind ausgedehnte Überflutungsbereiche entlang von Bächen und Flüssen, die sich durch einen hohen Grundwasserspiegel und periodische Überschwemmungen auszeichnen. Die Herausforderung für Flora und Fauna des Auwaldes besteht darin, sich dem beständigen Wandel schnell anpassen zu können. Durch den Wassereinbruch herrscht oft Sauerstoffmangel, zudem hat das Wasser seine ganz eigene Dynamik. An der einen Stelle reißt es die Ufer samt Vegetation mit sich. An anderer Stelle spült es Kiesbänke und Sandbänke durch Sedimentation auf. In Auwäldern finden sich in der Regel genügsame und vorrangig flachwurzelnde Pflanzen, da diese Art des Wurzelwuchses zum einen eine höhere Stabilität gewährleistet und zum anderen auch keine tiefe Pfahlwurzel vonnöten ist, um Wasser in tieferen Bodenschichten zu erreichen. Äste und Zweige sind biegsam und die Blätter schmal, um den Wasserwiderstand weiter zu verringern. Zudem wachsen die Bäume in Auwäldern schnell, um kurzfristig günstige Bedingungen im sehr wandelbaren Biotop optimal ausnutzen zu können. Und sie sind in der Lage, sich vegetativ zu vermehren – dies bedeutet, dass abgebrochene Äste wurzeln können, wodurch eine neue Pflanze entsteht.
Unterscheiden lassen sich Auwälder in Weichholz- und Hartholzauen. Erstere entstehen, wenn das Gebiet häufig überflutet wird (etwa 100 bis 200 Tage im Jahr) und auch die Fließgeschwindigkeit des Gewässers vergleichsweise hoch ist. Diese Bedingungen sind hervorragend für Bäume mit weichem Holz, etwa Weiden und Erlen, die sich gut an schnell ändernde Bedingungen anpassen können. Wird das Biotop seltener überflutet und ist auch die Strömungsgeschwindigkeit geringer – meist nur in breiten Flusstälern – bildet sich eine Hartholzaue mit Stieleichen, Feldahorn und Eschen. Diese profitieren von den reicheren und beständigeren Böden. Zu den typischen Sträuchern in einem Auwald zählen etwa Weißdorne, Schlehen und Hartriegel. Tiefwurzelnde Nadelbäume findet man dagegen kaum.
Wozu dienen Auwälder?
Auwälder erfüllen wichtige Funktionen sowohl für unsere Natur, als auch für den Menschen selbst. So bieten sie zuallererst für viele Pflanzen und Tiere einen großen und insbesondere abwechslungsreichen Lebensraum. Zu den Arten zählen neben den zuvor erwähnten Bäumen und Sträuchern etwa auch verschiedene Gräser und weitere Hölzer – insgesamt sind etwa 60 Prozent der in Deutschland beheimateten Pflanzen auch in Auen zu finden. Die Fauna ist ebenfalls sehr reichhaltig vertreten, denn ein Auwald ist weniger ein einzelnes Biotop, sondern vielmehr eine Zusammensetzung einer unglaublichen Vielzahl an Kleinlebensräumen. Zu den vertretenen Tierarten gehören unter anderem zahlreiche Insekten und Amphibien, Fische sowie Land- und Wasservögel. Einer der wichtigsten Bewohner (und auch Gestalter) der Auwälder ist der in Deutschland wieder heimisch gewordene Biber. Insgesamt zählen Auwälder (neben dem Wattenmeer) mit zu den artenreichsten und produktivsten Ökosystemen in ganz Mitteleuropa.
Doch nicht nur für die Umwelt haben Auwälder großen Nutzen, sondern ebenfalls für den Menschen. Sie sind etwa natürliche Wasserrückhalteräume und erfüllen allein damit vielfältige Funktionen. Zusammen mit Auwiesen dienen die Wälder dem Hochwasserschutz, da die ausgedehnten Flächen Überschwemmungen hervorragend aufnehmen, speichern und die überschüssigen Niederschläge versickern können, bevor diese auf menschliche Siedlungen treffen. Hierdurch verringert sich ebenfalls die Strömungsgeschwindigkeit, wodurch die Unterläufe sicherer werden. Durch die Reduktion der Strömung und die verzweigten Wurzeln wird die Gefahr der Erosion des Oberbodens an Fluss- und Bachläufen gemindert. Somit werden die natürlichen Ufer besser geschützt und fruchtbare Böden bleiben erhalten, anstatt flussabwärts gespült zu werden.
Auwälder spielen ebenfalls eine wichtige Rolle für die Trinkwassergewinnung. Die Pflanzen und der breit durchwurzelte Boden nehmen dabei eine effiziente Filterfunktion ein, die Schadstoffe und andere Verunreinigungen zurückhält, wenn das versickernde Wasser in die Grundwasserschichten gelangt.
Die Gefährdung der Auwälder und mögliche Lösungen
Durch die verschiedensten Eingriffe in die Natur hat der Mensch das Vorhandensein von Auwälder über die Jahre immer weiter verringert. Dies beginnt schon bei der Abholzung der Wälder und der anschließenden Trockenlegung des Bodens. Auen galten früher als hervorragende Siedlungsgebiete – bedingt durch das furchtbare Land für Ackerbau und Viehzucht sowie die Anbindung an Wasserstraßen. Auch sollten Flussbegradigungen und Eindeichungen die Hochwassergefahr mindern. Erreicht wurde in vielen Fällen jedoch nur eine Störung des natürlichen Wasserhaushalts. Auen trocknen aus, die Pflanzen sterben ab und viele Tiere verlieren ihren Lebensraum. Durch Flussbegradigungen erhöht sich auch die Fließgeschwindigkeit und damit die Hochwassergefahr für Siedlungen am Unterlauf des Flusses.
Aus diesem Grund ist es notwendig, dies Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Eine der wichtigsten Maßnahmen hierfür stellt die Renaturierung dar. Dies kann durch den Rückbau der begradigten Abschnitte, die Schlitzung von Deichen, die Verbreiterung des Flussbetts oder den Austausch künstlicher gegen natürliche Uferbefestigungen erfolgen. Logischerweise muss sich auch eine sukzessive Wiederansiedlung der typischen Tier- und Pflanzenarten vollziehen. Weitere Möglichkeiten, die Risiken für Auwälder durch menschliche Eingriffe zu reduzieren, ist ein nachhaltigerer Wasserbau. Selbst notwendige Baumaßnahmen – etwa Wehre, Dämme und Deiche, Gewässerquerungen, Begradigungen, usw. – müssen neben ihrer Funktionalität auch immer die Umweltauswirkungen im Blick haben. So darf sich der Eingriff entweder nicht zu massiv gestalten oder aber es müssen Abmilderungs- oder Ausgleichsmaßnahmen geschaffen werden, etwa durch die Errichtung oder den Erhalt von Bewässerungskanälen ins Biotop, andere Maßnahmen der Wiedervernässung abgeschnittener Gebiete, Fischtreppen bei der Errichtung von Wehren und Ähnliches. So lassen sich zum Beispiel trockengefallene Altarme mit dem ursprünglichen Gewässersystem wieder verbinden. Sie können dann bei großen Niederschlägen sogar als Zwischenspeicher für Wassermassen fungieren und gezielt als Polder geflutet werden.
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