Exergie ist Energie, die Arbeit verrichten kann
Jedes physikalische System enthält Energie. Diese setzt sich zusammen aus verschiedenen Energieformen: der nuklearen Energie, die zwischen den Teilchen in Atomkernen wirkt, der Wärmeenergie, der chemischen, elektrischen, kinetischen und potentiellen Energie. Diese Energie ermöglicht es dem System, mit seiner Umgebung in Wechselwirkung zu treten, zum Beispiel durch die Abgabe von Wärme, durch Bewegung oder chemische Reaktionen. Derjenige Teil der Energie, der bei solchen Vorgängen eine physikalische Arbeit verrichtet, wird als Exergie bezeichnet. Die restliche Energie, die keine Arbeit verrichten kann, heißt hingegen Anergie.
Nicht bei allen Energieformen findet eine Unterscheidung zwischen Exergie und Anergie statt. So ist zum Beispiel die kinetische Energie (Bewegungsenergie) eines Systems reine Exergie: Beim Verrichten von Arbeit kann sie vollständig umgewandelt werden, so dass am Ende keinerlei kinetische Energie mehr im System enthalten ist. Ein Beispiel ist ein Stein, der zu Boden fällt. Während des Fallens und beim Aufprall auf dem Boden gibt er seine gesamte Bewegungsenergie ab und bleibt am Ende still liegen.
Wärmeenergie besteht hingegen aus Exergie und Anergie, denn sie kann nur zum Teil zum Verrichten einer Arbeit aufgewendet werden: Ein Topf mit heißem Wasser kann nur so lange Wärme an die Raumluft abgeben, bis Wasser und Raumluft dieselbe Temperatur angenommen haben. Wie hoch der Anteil von Exergie bzw. Anergie an der gesamten Wärmeenergie ist, hängt dabei nicht nur vom betrachteten System, sondern auch von seiner Umgebung ab: Das Wasser gibt umso mehr Wärmeenergie ab, je höher seine Ausgangstemperatur im Verhältnis zur Lufttemperatur ist. In einem sehr kalten Raum kann also auch lauwarmes Wasser noch viel Wärmeenergie abgeben und verfügt somit über große Mengen an Exergie. Umgekehrt kann auch heißes Wasser in einem Raum mit sehr hoher Lufttemperatur nur wenig Wärme abgeben und verfügt daher über wenig Exergie.
Warum zwischen Energie und Exergie unterschieden werden sollte
Da der Begriff „Exergie“ lediglich einen bestimmten Teil der Energie bezeichnet, dessen Größe noch dazu von Umgebungsfaktoren abhängig ist, stellt sich vielleicht die Frage, warum überhaupt ein Unterschied zwischen Energie und Exergie gemacht werden sollte. Aber gerade, wenn es darum geht, wie bestimmte Prozesse effizienter und nachhaltiger gestaltet werden können, ist diese Unterscheidung wichtig. Denn indem Exergieverluste vermieden werden, ist es möglich, den Gesamtenergieverbrauch zu senken, was sowohl das Klima als auch die Umwelt schont.
Entscheidend ist, dass Exergie, anders als Energie, vernichtet werden kann. Beim Verrichten von Arbeit wird immer ein Teil der eingesetzten Energiemenge in Wärmeenergie umgewandelt. Denken Sie an das Beispiel des fallenden Steins zurück. Dieser wandelt beim Fallen einen Teil seiner Bewegungsenergie durch Luftreibung sowie beim Aufprall auf dem Boden in Wärmeenergie um. Damit solche Wärmeenergie jedoch selbst zum Verrichten von Arbeit genutzt werden kann, muss eine Wärmesenke mit geringerer Temperatur bereitstehen, die Wärme aufnimmt. Besonders Wärme auf einem niedrigen Temperaturniveau kann deshalb in der Regel keine Arbeit mehr verrichten: Die Gesamtmenge der Energie hat sich natürlich nicht verändert, aber arbeitsfähige Exergie ist zu arbeitsunfähiger Anergie geworden. Anders ausgedrückt: Die Energie wurde entwertet.
Der effiziente Einsatz von Exergie steigert die Nachhaltigkeit
Weil nur Exergie zum Verrichten von Arbeit verwendet werden kann, besitzt auch nur sie einen wirtschaftlichen Wert. Anergie liegt hingegen als Umgebungswärme in praktisch unbegrenzter Menge vor. Wird umgangssprachlich vom „Energieverbrauch“ gesprochen, dann ist also eigentlich der Einsatz von Exergie gemeint. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil sogar Prozesse, die eine hohe Energieeffizienz aufweisen (bei denen also ein Großteil der eingesetzten Energie in die gewünschte Energieform umgewandelt wird) ineffizient sein können, wenn dabei eine starke Entwertung von Energie stattfindet, also viel Exergie in Anergie umgewandelt wird.
Ein Beispiel ist das Heizen mit Strom. Eine Elektroheizung wandelt elektrische Energie vollständig in Wärme um. Trotzdem ist sie ineffizient, denn am Ende bleibt nur noch Anergie übrig. Pro Kilowattstunde hochwertiger elektrischer Energie, die der Elektroheizung zugeführt wird, erhält der Nutzer also nur eine kWh der benötigten Wärmeenergie. Hinzu kommt, dass auch die Stromerzeugung im Kraftwerk mit großen Exergieverlusten einhergeht.
Anders ist das bei Wärmepumpen-Heizungen: Diese beziehen Wärmeenergie aus Wärmequellen mit niedriger Temperatur. Dafür wird ein sehr kaltes Wärmeträgermedium mit niedrigem Gefrierpunkt verwendet, zum Beispiel ein Wasser-Glykol-Gemisch, das der Wärmequelle Energie auf einem Temperaturniveau entziehen kann, auf dem sie unter normalen Umständen nur noch Anergie wäre. Die Temperatur dieser Wärme wird dann in der Wärmepumpe unter Einsatz zusätzlicher elektrischer Energie gesteigert. Je nach gewählter Wärmequelle kann eine Wärmepumpe auf diese Weise pro eingesetzter kWh hochwertiger elektrischer Energie vier oder mehr kWh Wärmeenergie liefern. Es wird also viel weniger hochwertige Exergie gebraucht, um die benötigte Wärme bereitzustellen.
Eine für diese Zwecke besonders gut geeignete Wärmequelle ist das Abwasser. Denn dieses verfügt ganzjährig über hohe Temperaturen von etwa zehn bis 20° C, wird ständig neu produziert und ist zudem leicht erschließbar. Geeignete Wärmetauscher lassen sich direkt in das Kanalrohr einbauen und liefern Abwasserwärmepumpen besonders viel kostenlose Wärmeenergie. So kann zum Beispiel ein Fernwärmenetz mit sehr geringen Exergieverlusten und somit besonders energieeffizient betrieben werden.
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